Projektreise nach Gambia vom 02. - 09. März 2022 – Ein Bericht der ZRB Südbayern
Im März 2022 reisten Hr. Friedel (Projektverantwortung), Fr. Dr. Wlossek (Projektleitung), Fr. Maxeiner (Beraterin), Fr. Förg (Beraterin) und Hr. Doser (Berater) von der Zentralen Rückkehrberatung Südbayern gemeinsam nach Gambia. Die organisatorische Gestaltung vor Ort übernahmen die Kolleg*innen der Caritas in Gambia, die auch der Reintegrationspartner des ERRIN Projektes sind.
Das übergeordnete Ziel der Reise war, Organisationen und Institutionen, welche Rückkehrende bei ihrer Reintegration unterstützen, kennenzulernen und einen aktiven Austausch mit ihnen zu initiieren.
Tag 1: Kennenlernen der Mitarbeiter*innen von Caritas Gambia, Besuch zweier Schulen und dem Gambia Pastoral Institute (GPI)
Nach einer recht komplikationslosen Anreise nach Gambia wurde das Team der ZRB Südbayern bereits gleich in der Früh von Mitarbeiter*innen der Caritas Gambia an der Unterkunft warmherzig empfangen und zum Büro in Serekunda, nahe der Hauptstadt Banjul, gebracht. Nachdem zunächst die Räumlichkeiten vor Ort besichtigt wurden, gaben die Mitarbeiter*innen der Organisation in einem ersten Austauschgespräch gleich zahlreiche interessante Einblicke in das Leben im Land "Gambia" bzw. "The Gambia", wie das Land sich seit 1964 selbst zur Abgrenzung vom Staat "Sambia" bezeichnet.
So beschrieben die Mitarbeiter*innen das Zusammenleben der Menschen im Land trotz einer Vielzahl unterschiedlicher Stämme und Religionen (ca. 90% der Bevölkerung sind muslimisch, nur eine kleine Minderheit christlich) allgemein als sehr friedlich. Dies dokumentiert sich auch darin, dass beispielsweise bei der Caritas Gambia Personen beider Glaubensrichtungen angestellt sind. Die Caritas selbst ist als Hilfsorganisation in der Region seit mehreren Jahrzenten aktiv und durch ihren Einsatz für die Menschen sehr bekannt. Zum Beispiel konnten bereits über 2900 Brunnen für die Bevölkerung gebaut werden. Außerdem betreibt die Caritas eine mobile Arztpraxis und hat ein Krankenhaus in einer ländlichen Region errichtet. Die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung ist leider aber insgesamt immer noch als sehr dürftig zu bezeichnen. Ein Hauptproblem der Menschen in Gambia stellt die Erkrankung Malaria dar, die durch die Anophelesmücke übertragen wird und an welcher jährlich immer noch sehr viele Menschen sterben. Ein großer Tätigkeitsbereich der Caritas liegt daher auch in der Prävention dieser Gefahr.
Neben dem Gesundheitssektor ist ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der Caritas Gambia der Bereich "Flucht und Migration", der für das Team der ZRB Südbayern natürlich besonders spannend war. So erfuhren die Besucher*innen aus Deutschland, dass Personen aus Gambia, die auf der Flucht nach Europa in Libyen stranden, durch ein Programm der IOM kostenfrei nach Gambia zurückkehren können. Die Lebensverhältnisse in Libyen für Personen auf der Flucht wurden dabei als äußerst grausam und menschenverachtend beschrieben. So war von Folter, Ausbeutung und Vergewaltigung die Rede. Die Caritas Gambia hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, rückkehrende Gambier*innen aus Libyen zu empfangen, bei ihrer Reintegration zu unterstützen und sie in ihrer schwierigen Ausgangslage auch psychisch zu begleiten.
Besonders interessant war für die Rückkehrberatenden zudem die Tatsache, dass die Caritas Gambia gegenwärtig als Reintegrationspartner des ERRIN-Projektes fungiert und dadurch auch für Personen zuständig ist, die aus europäischen Staaten (u.a. Deutschland) freiwillig oder durch Abschiebung erzwungen nach Gambia zurückkehren. Das Kernziel des ERRIN-Projekts liegt dabei durch die Zusammenarbeit mit diversen Serviceprovidern in der Ermöglichung einer nachhaltigen Integration von Rückkehrenden, wobei die Klient*innen über ERRIN nur Sachleistungen (und kein Bargeld) erhalten. Die meisten Personen nutzen die finanzielle Unterstützung für eine Geschäftsgründung. Der Schwerpunkt der Unterstützung durch die Caritas Gambia liegt allerdings hauptsächlich in der Beratung und der verwaltungstechnischen Abwicklung des Projektes (Belege müssen bestimmte Standards erfüllen, Abwicklung der Abrechnung mit dem BAMF in Deutschland) und weniger in einer Unterstützung bei der konkreten Umsetzung. Grund hierfür ist u.a. auch, dass viele Klient*innen ihren eigenen Landsleuten häufig misstrauen. Korruption ist ein gängiges Problem im Land und daher befürchten die ohnehin oftmals psychisch angeschlagenen Rückkehrenden "geheime Absprachen" zwischen Geschäftspartnern, die für sie nicht transparent sind. Um dem Misstrauen entgegenzuwirken, wirkt die Caritas Gambia daher erst bei der Vermittlung von Kontakten mit, wenn die Klient*innen dies selbst explizit wünschen.
Eine Aufgabe der Rückkehrberatenden vor Ort ist die Beratung der Klient*innen bei Auswahl des zukünftigen Business, mit dem die Rückkehrenden sich ihren Lebensunterhalt finanzieren wollen. So ist eine bei den Einheimischen beliebte selbstständige Tätigkeit das Taxifahren mit einem eigenen PKW. Hiervon rät die Caritas Gambia jedoch ab. Ein Fahrzeug von guter Qualität kostet mind. 4000€ und liegt damit weit über dem maximalen Budget für Rückkehrende, das im Rahmen des ERRIN-Programms zur Verfügung gestellt wird. Taxis sind in Gambia zwar grundsätzlich ein gängiges Verkehrsmittel und ersetzen das europäische Modell des Linienbus-Systems. So gibt es auch hier feste Wegstrecken, auf den man zu- und aussteigen kann, mit regulären Preisen. Der Beruf als Fahrer*in ist zudem sozial angesehen sowie unter bestimmten Bedingungen auch finanziell rentabel. Aufgrund der hohen Investitionskosten und der Unfallgefahr mit anschließender Entwertung des Fahrzeuges wird Rückkehrenden dieses Business von den Berater*innen im Hinblick auf das knappe Budget aber nicht empfohlen. Empfehlenswert ist da schon eher die Eröffnung eines eigenen Geschäfts oder das Anbieten bestimmter Dienstleistungen, wenn bereits Vorkenntnisse vorhanden sind (z.B. Handyreparaturen, wie noch am Beispiel eines Rückkehrenden erläutert wird).
Grundsätzlich vergehen für die Abwicklung des ERRIN-Projektes vom Erstgespräch bis zur Geldzahlung durchschnittlich nur drei Wochen. Dadurch können die Rückkehrenden zügig ihr Business eröffnen und Verdienst generieren. Das Geld wird dabei nie unmittelbar an die Klient*innen ausbezahlt, sondern geht den Richtlinien des ERRIN-Programms entsprechend direkt an die Geschäftspartner (z.B. Verkäufer oder Vermieter).
Insgesamt wurden durch die Caritas Gambia seit 2019 im Rahmen des ERRIN-Programms insgesamt 68 Rückkehrende bei Ihrer Reintegration unterstützt. Davon stammten 65 aus Deutschland, zwei aus Belgien und eine Person aus Österreich.
Nach diesen ersten, spannenden Einblicken in die Arbeit der Caritas Gambia stand der Besuch von zwei Schulen (St. Therese’s Lower & Upper Basic School) an, die sich in der Nähe des Büros der Caritas befanden.
St. Therese’s Lower & Upper Basic School
An der Grundschule, die zuerst besucht wurde, wurden ca. 300 Schüler*innen in 6 Klassenzimmern unterrichtet. Das Gebäude war stark renovierungsbedürftig. Bei zwei Klassenzimmern war beispielsweise das Dach mittlerweile so undicht, dass die Kinder bei Regen im Unterricht nass wurden.
Gleich in der Nähe war auch die weiterführende Schule, die durch ihre enorme Größe überraschte. Dort wurden ca. 2600 Schüler in 84 Klassen beschult. Aufgrund der Covid 19-Pandemie wurde der Schulunterricht allerdings im Schichtbetrieb abgehalten, sodass die Hälfte der Schüler*innen nur vormittags und die andere Hälfte nur nachmittags anwesend war. Covid 19 hat sich also auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch sehr spürbar auf das Alltagsleben der Kinder ausgewirkt.
Als letzten Punkt auf der Tagesordnung wurde nachmittags noch gemeinsam das GPI (Gambia Pastoral Institute) besucht. Ansässig ist dort unter anderem ein eigener Radiosender, der dreimal täglich Nachrichten aus aller Welt sowie zu christlichen Themen sendet. Zusätzlich gibt es einen Raum für Fernsehübertragungen, z.B. für Interviews.
Das GPI hat zudem noch einen weiteren Aufgabenbereich, es fungiert nämlich auch als Ausbildungszentrum. Insgesamt 40 Personen können derzeit eine 2-jährige Ausbildung zum Radio-/Fernsehmoderierenden beginnen. Ausgewählt werden die Personen dabei v.a. anhand ihrer Motivation und weniger nach dem Lebenslauf.
Das parkähnliche Areal der GPI kann zusätzlich auch für eigene Veranstaltungen gebucht werden und dient so auch als Einkommensquelle.
Tag 2: Besprechung mit dem Caritasdirektor Hr. Francis Dominic Mendy, Besuch der weiterführenden Schule "St. Peter´s Senior Secondary School" sowie eines Rückkehrers und des Ortes, an dem für viele die Reise nach Europa beginnt
Der zweite Tag startete mit dem erneuten Besuch der Caritas-Dienststelle. Dort wurde das Team der ZRB Südbayern vom Caritas-Direktor, Hernn Francis Dominic Mendy, begrüßt. Bei einem gemeinsamen Gespräch mit ihm und seinen Mitarbeiter*innen konnte ein vertiefter Erfahrungsaustausch zu den Themen "Migration" und "Flucht" eröffnet werden. Neben der Freiwilligen Ausreise kamen die Beteiligten in der Diskussion auch auf Abschiebungen zu sprechen. So erfuhren die Besucher*innen aus Deutschland, dass abgeschobene Personen in einem separaten Bereich auf dem Flughafengelände in Banjul ankommen. Dort werden sie von zunächst von Mitarbeiter*innen des Innenministeriums empfangen und erhalten sodann erste Informationen zur Ankunft und Kontaktdaten relevanter Organisation (u.a. auch die der Caritas Gambia). Aufgrund der Notlage ist es für die Abgeschobenen bereits möglich, innerhalb eines Tages einen Termin bei der Caritas-Beratung zu erhalten. Die Mitarbeiter*innen der Caritas sind hier grundsätzlich immer zu zweit vor Ort, denn aufgrund der psychisch belastenden Erlebnisse können die abgeschobenen Personen sehr aggressiv werden.
Um diesem Personenkreis zumindest eine kleine finanzielle Unterstützung offerieren zu können, gibt es für abgeschobene Personen die Möglichkeit, beim ERRIN-Programm nachgemeldet werden. Die meisten Personen nutzen diese Unterstützung für kleine Reparaturarbeiten am Haus oder der Wohnung, z.B. für die Abdichtung des Daches. Jedoch sind die finanziellen Mittel bei Abgeschobenen stark begrenzt und nicht mit den Unterstützungen zu vergleichen, die freiwillig zurückgekehrte Personen erhalten.
Besonders dramatisch ist die Situation psychisch erkrankter Personen, egal ob freiwillig ausgereist oder abgeschoben. Ihnen kann in Gambia aufgrund der allgemeinen schlechten gesundheitlichen Versorgungslage kein therapeutisches Angebot unterbreitet werden. In ganz Gambia gibt es nur einen Psychologen. Psychische Erkrankungen werden von der Gesellschaft zudem stigmatisiert und - wenn überhaupt - mit traditionellen Mitteln behandelt.
Die Caritas-Berater*innen versuchen zwar betroffene Personen bestmöglich aufzufangen, indem positive Erlebnisse in der Vergangenheit in Gesprächen in den Vordergrund gerückt werden und die Resilienzfähigkeit der Betroffenen so gestärkt werden kann, jedoch haben die Berater*innen keine psychotherapeutische Ausbildung und können somit nur einen kleinen, wenn auch sicher wertvollen Beitrag für die Hilfesuchenden leisten.
Bevor es zum nächsten Tagespunkt weiterging, ergab sich spontan die Möglichkeit für ein kurzes Austauschgespräch mit einem Rückkehrer, der erst vor drei Wochen aus Stuttgart wieder in Gambia ankam und welcher nun einen Termin bei der Caritas hatte, um über die Reintegrationsunterstützung durch das ERRIN-Programm zu sprechen. Er berichtete, dass er mit seinen inzwischen 47 Jahre zuvor die schwere Entscheidung getroffen hatte, nach neun Jahren Aufenthalt in Stuttgart nach Gambia zurückzukehren, um dort eine Familie zu gründen und in seinem Heimatland alt zu werden.
Nach diesem kurzen, aber sehr interessanten Gespräch ging es gleich weiter zur Besichtigung der St. Peter´s Senior Secondary School. An dieser Bildungsstätte durchlaufen die Schüler*innen eine dreijährige Schulausbildung. Außergewöhnlich an dieser Schule ist, dass die Jugendlichen hier neben neuen Wissensbeständen in den gewöhnlichen Unterrichtsfächern auch Fähigkeiten im Bereich Holz- bzw. Metallverarbeitung erwerben. Dank einer äußerst engagierten und inspirierenden weiblichen Lehrkraft, die in diesem Feld unterrichtet, hat sich erfreulicherweise in den letzten Jahren auch die Teilnahmequote der Mädchen in diesem Bereich auffällig erhöht.
Die Schulgebühr ist mit 500€ pro Jahr für gambische Verhältnisse allerdings relativ hoch und daher nur für die Mittelschicht finanzierbar. Hinzu kommen noch Kosten für die Schuluniform und das Schulmaterial (Bücher und Stifte etc.). Umsonst ist hingegen das Material, mit dem die Schüler*innen in der Ausbildungsstätte arbeiten, da die Endprodukte verkauft werden. So kann man dort beispielsweise ein sehr schönes Bettgestell aus Mahagoniholz mit Schnitzereien für ca. 390 € erwerben. Das Team der ZRB Südbayern war sehr beeindruckt von der Qualität sowie Ästhetik der Produkte und den Ausbildungsmöglichkeiten für die Schüler*innen. Tatsache ist jedoch wie eben erwähnt, dass sich nur wenige Familien einen Besuch an dieser Schule für ihre Kinder leisten können werden.
Treffen mit einem Rückkehrer aus Deutschland in seinem Laden
Nach der Schulvisite stand ein Treffen mit einem aus Deutschland zurückgekehrten Mann an. Der Besuch des Rückkehrers war für die Arbeit der deutschen Rückkehrberater*innen natürlich von besonderem Interesse. Der Mann berichtete, dass er seinen Lebensunterhalt durch eine Anstellung in einem kleinen Supermarkt verdient. Nebenbei durchläuft er zudem eine Fortbildung bei Western Union. Diese soll ihm in naher Zukunft ermöglichen, eine Western Union-Zweigstelle zu eröffnen. Im Großen und Ganzen gehe es gut, fasste der Rückkehrer zusammen. Er sei vor über einem Jahr nach Gambia zurückgekehrt und dürfe seitdem bei dem Besitzer des Supermarkts wohnen und arbeiten. Zu seiner Familie, die in einem Dorf nur wenige Kilometer weit entfernt lebe, habe er momentan aber keinen Kontakt. Seine Familienangehörigen wüssten auch gar nicht, dass er wieder in Gambia sei.
Zum jetzigen Zeitpunkt bereue er seine Entscheidung für die freiwillige Rückkehr nicht, da die Geschäfte gut laufen. Allerdings wisse er nicht, wie es zukünftig aussehen wird. Daher schließt er eine Rückkehr nach Deutschland nicht aus. Derzeit kommt dies für ihn jedoch nicht in Frage. Anderen Rückkehrinteressierten würde er raten, freiwillig nach Gambia zurückzukehren, da ein Neubeginn im Land möglich wäre.
Anschließend brach die Gruppe zum letzten Ort auf, der am zweiten Reisetag besucht werden sollte. Es war der Ort, an dem für einige Gambier*innen die Reise nach Europa beginnt, ein Strandabschnitt mit vielen Fischerbooten aus dem Senegal. Hier fand ein reges Treiben statt. Fischer versuchten ihren Fang am Strand zu verkaufen, die übrig gebliebenen toten Fische und die Innereien wurden abends wieder in die See geworfen. Eine Gruppe Männer erfreute sich am Strand beim Fußballspielen zwischen Vogelschwärmen, die sich über die Fischreste hermachten. Das Team der ZRB Südbayern erfuhr, dass in den letzten Jahren vor allem China, aber auch europäische Länder in Gambia große Anteile an Fischereirechten erworben hatte. Dies führt dazu, dass die Fische, die den örtlichen Fischer ins Netz gehen, oft nur noch sehr klein sind. Die Geschäfte der Einheimischen bleiben so folglich auf der Strecke, was die Armut der Bevölkerung weiter verschärft.
TANJEH FISH LANDING SITE - ein Ort, an dem für viele Gambier*innen die Flucht nach Europa beginnt
In all dem Treiben beginnt für viele zur Flucht Entschlossene auch die gefährliche Reise nach Europa. Für die meisten Personen ist der erste Halt der Senegal. Wer mehr Geld zur Verfügung hat, reist dann aber gleich weiter nach Libyen, um von dort aus mit einem Schlauchboot die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer anzutreten. Werden die Flüchtenden jedoch in Libyen bereits abgefangen, führt ihr Weg meist direkt in eines der berüchtigten lybischen Gefängnisse, über welche schon viele Grausamkeiten berichtet wurden. Daher ist dieser Strand ein besonderer Schicksalsort, denn hier verschwimmt der normale gambische Alltag mit dem rücksichtslosen Geschäft von Schleppern und Menschenhändlern, die stets nach Willigen Ausschau halten, um diese auf die Reise ins Ungewisse zu schicken.
Tag 3: Fahrt zur St. Lazarus Klinik in Fullabantang ins Landesinnere mit kurzem Stopp an einer Ausbildungsstätte für Landwirtschaft
Der dritte Tag startete bereits sehr früh um 7:30 Uhr, da eine lange Fahrt zu dem von der Caritas Gambia geführten Krankenhaus anstand, das sich tief im Innenland Gambias befand.
Nach ca. 2 Stunden Fahrtzeit gab es einen kurzen Zwischenstopp an einer Ausbildungsstätte für Landwirtschaft. Hier erwarben vor noch nicht allzu langer Zeit interessierte Personen im Rahmen eines zweiwöchigen Kurses kostenfrei wichtiges Wissen zum Thema "Landwirtschaft". So setzte man sich beispielsweise damit auseinander, in welchen Abständen die Samen für Zwiebeln anzupflanzen sind, um den maximalen Ertrag zu erwirtschaften. Eine Reihe Zwiebeln bringen ca. 50 Dalasi (ca. 80 Cent) ein, wenn diese an die Bevölkerung auf dem Land verkauft werden. In der Stadt, wo die Menschen im Allgemeinen besser situiert sind, könne man auch das Doppelte verlangen, so der Betreuer des Projekts. Seit die ausländische Finanzierung des Projekts allerdings weggebrochen ist, können keine neuen Kurse angeboten werden.
Gleiches trifft leider auch auf Kurse zu, bei denen die Teilnehmer*innen Kenntnisse zur Haltung von Nutztieren (Schweine, Ziegen und Schafe) erhielten. Neben Informationen zur Aufzucht und Betreuung der Tiere wurden den Teilnehmer*innen auch Maßnahmen vermittelt, wie Gefahren vom Vieh abzuhalten seien. So waren beispielsweise Hyänen ein gängiges Problem, da diese gelegentlich versuchten, die wertvollen Nutztiere zu erbeuten. Sie richteten so auch großen wirtschaftlichen Schaden an, denn die Nutztiere wurden in der Ausbildungsstätte auch verkauft. Im Verkauf kostet ein Schwein nach Angaben des Leiters beispielsweise ungefähr 50 - 80 €, abhängig von Gewicht und Größe. Sofern jemand ein Tier erwerben möchte, werden dem potenziellen Käufer Bilder zugeschickt.
Die gegenwärtige Versorgungslage der Tiere ist allerdings defizitär, erzählte der Leiter den Besucher*innen der ZRB Südbayern. Derzeit erhält die Stätte vom gambischen Militär Küchenabfälle, welche den Schweinen verfüttert werden können. Das Team der Ausbildungsstätte bemühe sich, die Nutztiere so gut wie möglich weiter zu versorgen und die Ausbildungsstätte aufrechtzuerhalten. So kümmert sich momentan der Leiter zusammen mit den wenigen, noch vorhandenen Mitarbeiter*innen um die verbliebenen Tiere, das Gemüse sowie die Bäume (z.B. Eukalyptus, Mahagoni), in der Hoffnung, dass sich in naher Zukunft wieder ein Investor für die Ausbildungsstätte findet.
Auf der Durchfahrt zum Krankenhaus, die ins das gambische Innenland führte, konnte die Reisegruppe tiefgreifende Einblicke ins Alltagsleben der Bevölkerung gewinnen. Entlang der geteerten Straße ging es stetig geradeaus, ohne jegliche Kurven (und im Übrigen auch Ampeln, die es in ganz Gambia nirgends gibt) in das Land hinein, vorbei an vielen einfach gebauten Dörfern mit Strohdächern bzw. Dächern aus Wellblech und Wänden aus Lehm und Stein. Es waren viele Ziegen, Esel, Kühe, Ochsen und Schafe zu sehen, die ohne jegliche Eingrenzung einfach ihrer Wege gingen. Zweimal kreuzte eine Gruppe von wilden Pavianen die Straße. In relativ kurzen Abständen fanden Straßenkontrollen statt, durchgeführt entweder von der Polizei oder vom gambischen Militär. Die Gruppe erfuhr, dass ein Grund für die häufigen Kontrollen u.a. die Überprüfung des Führerscheins war, der jedes Jahr erneuert werden musste.
Um ca. 13 Uhr wurde das eigentliche Ziel dann endlich erreicht. Die Gruppe wurde sogleich von Michael Dacosta, dem Leiter des Krankenhauses, durch die Räumlichkeiten des Krankenhauses geführt. Leider stellte sich heraus, dass auch das Krankenhaus seit 2018 keine finanzielle Förderung mehr hatte. Gebaut und unterhalten wurde es ursprünglich im Rahmens eines schwedischen Entwicklungshilfeprogramms. Aufgrund der fehlenden Unterstützung war das Krankenhaus allerdings in einem desolaten Zustand. So war kürzlich ein Teil der Photovoltaikanlage kaputtgegangen, eine zuverlässige Versorgung mit fließendem Wasser konnte nun nicht gewährleistet werden. Zudem waren einige Generatoren nicht mehr funktionsfähig und die Stromversorgung kann nur noch bis ca. 2 Uhr nachts aufrechterhalten werden. Ab dann blieb es dunkel, - auch, wenn eine verletzte Person Hilfe benötigte oder eine Frau ihr Kind gebar.
Zudem fehlte an qualifiziertem Personal sowie Material zur Versorgung von Patient*innen. Aus diesem Grund beförderte das Team des Krankenhauses sehr häufig Personen mit schwereren Verletzungen in das 23 km entfernte staatliche Krankenhaus. Hierfür hatte das Krankenhaus einen Dienstwagen, denn die Bevölkerung in den ländlichen Gebieten Gambias ist meist so arm, sodass kein eigenes elektrisches Fortbewegungsmittel vorhanden ist. Üblicherweise kamen die Hilfesuchenden entweder zu Fuß zum Krankenhaus oder mit dem Esel. Neben diesem "Transportdienst", dessen Bedeutung für die Bevölkerung aber sehr relevant war, lagen die Hauptaufgaben von Herrn Dacosta und seinem Team bei der Betreuung von Geburten, der Behandlung von Malaria, der Erstversorgung bei Verkehrsunfällen sowie bei Schlangenbissen, die häufig vorkamen.
Sehr gerne würde das Team die Wasser- und durchgehende Stromversorgung des Krankenhauses wiederherstellen, um eine bessere medizinische Versorgung anzubieten. Außerdem wäre für die tägliche Arbeit ein Labor sehr wichtig, um Blutwerte zu analysieren. Ebenso nötig wäre ein zusätzlicher Raum für die stationäre Aufnahme von Patient*innen, denn gegenwärtig sind alle behandelten Personen in einem Raum, egal ob männlich oder weiblich, erwachsen oder Kind. Es gibt keine Privatsphäre.
Doch ohne finanzielle Unterstützung aus dem Ausland würden sich diese Probleme nicht beheben lassen, so die realistische Einschätzung des Krankenhausleiters. Dem gambischen Staat fehlen einfach die finanziellen Mittel.
Behandlungsraum in der St. Lazarus Klinik
Trotz der harten und mangelhaften Bedingungen versicherten Herr Dacosta und sein Team, ihr Bestes unter den gegebenen Voraussetzungen zu tun, um die ohnehin gebeutete gambische Bevölkerung zu unterstützen. Dies sei auch nötig, denn gerade Maleria stelle in der Regenzeit nach wie vor ein enormes lebensbedrohliches Risiko dar. Eine Hauptaufgabe der Caritas Gambia lag daher auch in der Prävention dieser verheerenden Krankheit.
Tag 4: Besuch eines Gottesdienstes in der St. Kizito´s Kirche
Gottesdienst in St. Kizito's Church
Am Sonntag besuchte die Gruppe einen katholischen Gottesdienst und stellte fest, dass die erlebte Messe mit der in Deutschland absolut vergleichbar war. Auffällig war allerdings, dass es einen großen Bildschirm gab, auf welchem man die Predigt des Pfarrers in Textform mitverfolgen konnte. Die Kirche war zudem sehr gut besucht und komplett ausgefüllt. Interessant war ebenfalls, dass am Ende des Gottesdienstes ein Art Rechenschaftsbericht erfolgte. So wurde genau Report abgegeben, wie viele Spenden von wem erhalten wurden und wofür man das Geld genau eingesetzt hatte.
Von den Kolleg*innen der Caritas erfuhr die Gruppe auch, dass Gottesdienste mehrmals am Tag stattfinden, da der Besucherandrang so groß ist. Dies liege v.a. am Bevölkerungswachstum, so die Einschätzung der Kolleg*innen. Daher werden derzeit einige neue Kirchen gebaut.
Tag 5: Besprechung im Büro der Caritas, Besuch der Einrichtung der GIZ GGAC (Gambian-German Advisory Centre)
Angekommen im Büro der Caritas Gambia schilderte die Gruppe ihren Gastgeber*innen die bisherigen gesammelten Eindrücke vom Land. Ein großes Thema war u.a. die fehlende Industrie in Gambia. Alle Güter schienen importiert zu sein und das Land selbst über keine eigene Produktion zu verfügen. Der Caritasdirektor Hr. Mendy stimmte dieser Feststellung der Gruppe zu und veranschaulichte das Problem an einem aktuellen Beispiel: In Kürze würden viele Mangos reif werden. Jedoch gibt es keine Fabrik, um die Früchte weiterzuverarbeiten, z.B. zur Produktion von Saft oder Marmelade. Alle Früchte, welche in der kurzen Zeit nicht gegessen werden können, verfaulen demnach einfach. Dem Staat selbst fehlt Geld zum Aufbau einer gedeihlichen Wirtschaft. Dies führt zu einer permanenten Abhängigkeit von ausländischen Investoren, die aber vor allem ihre eigenen Interessen verfolgen würden. Die gambische Bevölkerung profitiere davon kaum und die Entwicklung des Landes bleibt insgesamt auf der Strecke. Es gäbe zwar grundsätzliche viele Ressourcen und demnach Potential, aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel können diese allerdings nicht von der einheimischen Bevölkerung ausgeschöpft werden.
In Gambia ist es daher auch üblich, dass beide Elternteile arbeiten, um genug Einkommen für das Leben zu erwirtschaften. Die Kinder werden während der Abwesenheit der Eltern meist von den Großeltern versorgt und beaufsichtigt. Familie spielt dementsprechend für die eigene Absicherung eine große Rolle. Die gebildetere Schicht hat maximal vier Kinder, wobei Frauen in Gambia durchschnittlich sieben Kinder gebären. Nachdem ein Paar geheiratet hat, wird von der Gesellschaft erwartet, dass sehr zügig (innerhalb des ersten Jahres) Nachwuchs folgt. Sofern dies nicht der Fall ist, steigt der soziale Druck alsbald so stark, dass der Ehemann sich nach 2-3 kinderlosen Jahren nach einer anderen Frau umschaut, berichteten die Kolleg*innen von der Caritas Gambia.
Nach diesem einblickreichen Austauschgespräch stand für die ZRB Südbayern ein weiterer, sehr spannender Punkt auf dem Programm, nämlich der Besuch bei der GIZ im GGAC. Das Gebäude der GIZ war fußläufig vom Büro der Caritas erreichbar, wirkte jedoch nicht ganz so einladend wie das Caritas-Büro. Das Gebäude war sehr groß und wurde durch eine weiße Mauer mit Stacheldraht geschützt. Einlass erhielt nur, wer angemeldet war und nach einem Security-Check passieren durfte. Die Innenräume waren alle frisch renoviert und modern, mit weitflächigen Büroräumlichkeiten. Empfangen wurde die Gruppe gleich nach Eintritt von 3 Mitarbeitern der GIZ. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde referierten die Kollegen anschließend über ihr Angebot, ihre täglichen Arbeitsaufgaben und den Ablauf der Beratungsgespräche. So erfuhr das Team der ZRB Südbayern, dass bei der GIZ in Gambia bereits 16 Rückkehrer*innen aus Deutschland in Beratung waren, obwohl das Zentrum offiziell erst am 1. Juni 2022 eröffnet werde.
Die GIZ arbeitete bereits auch eng mit dem GTTI (Gambia Technical Training Institute) zusammen, welches auf dem Festland in Mansa Konko ein Ausbildungszentrum betrieb. In dem Ausbildungszentrum können Personen in Landmaschinenmechanik (Schweißen, Fabrikation von landwirtschaftlichen Geräten), in der Installation von Solarsystemen und im Gebäudebau ausgebildet werden. Rückkehrende aus Deutschland können an diesem Angebot teilnehmen. Die GIZ unterstützt nach der abgeschlossenen Ausbildung darüber hinaus auch bei der Arbeitssuche. Außerdem gibt es neben der Förderung durch das ERRIN-Programm ebenfalls noch die Möglichkeit, einzelne Personen finanziell bei der Businessgründung zu unterstützen.
Treffen beim GGAC (Gambian-German Advisory Centre) der GIZ GmbH
Neben dem Thema "Reintegration" liegt ein weiterer Schwerpunkt der GIZ auch bei der Beratung zum Visumserhalt für Deutschland. Hierfür wurde auch eigenes Informationsmaterial entwickelt.
Tag 6: Treffen mit Rückkehrern, Konferenz mit dem Bischof Gabriel Mendy und Besuch des Büros von IOM
Der sechste Tag der Exkursion begann mit einem Treffen der Gruppe mit zwei Rückkehrern, die vorher in Deutschland gelebt hatten. Die erste Person war erst vor einer Woche nach Gambia zurückgekehrt. Er war insgesamt 8 Jahre abwesend, die meiste Zeit davon verbrachte er in Deutschland. Seine erste Woche in Gambia nutzte er zur Orientierung. Er besuchte seine Frau und die zwei gemeinsamen Kinder, traf sich mit Familienangehörigen und Freunden. Die Familie und die Ehefrau waren allerdings - wie leider so häufig - nicht allzu begeistert von der Rückkehr des Mannes nach Gambia. Schließlich ist mit dem Aufbruch nach Europa auch meist die Hoffnung einer ganzen Familie auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation verbunden. Nicht selten verkauft die Familie ihr Hab und Gut oder nimmt Schulden auf, um Schlepper bezahlen zu können, im Glauben, dass die Investitionen sich rentieren würde und der Sohn die Familie aus Europa künftig unterstütze könne. Umso größer ist natürlich die Enttäuschung bei einer Rückkehr. Häufig wagen es die Männer nicht, ihren Familien von den realen Umständen, in denen sie ihr Leben in Europa verbracht hatten, zu berichten. Stigma, Frust und soziale Ausgrenzung sind daher häufige Folgen und Probleme, mit welchen die Rückkehrenden nach ihrer Ankunft konfrontiert sind.
Der Rückkehrende, den die ZRB Südbayern traf, berichtete zudem auch, dass sich in Gambia in seiner Zwischenzeit viel verändert hätte. Er müsse sich nun erstmal neu orientieren und mit der Caritas Gambia besprechen, was er mit der Unterstützung vom ERRIN Programm machen möchte. Ein eigenes Business möchte er auf jeden Fall gründen, so viel sei sicher. Welches genau, wisse er allerdings noch nicht.
Die zweite Person, auf die das Team der ZRB Südbayern traf, war ein eigener Fall der Beratungsstelle und daher besonders spannend für alle: Der Rückkehrer wurde im Dezember 2020 von dem Berater Fabian Doser von der Zentralen Rückkehrberatung Südbayern in Kempten betreut. Mittlerweile sind alle Reintegrationsmittel ausgezahlt worden, die finanzielle Unterstützung also abgeschlossen.
Ein Rückkehrer berichtete von seinem Leben nach der Ankunft in Gambia
Der ehemalige Klient berichtete, dass er anfangs ein Restaurant eröffnen wollte und bei der GIZ eigens dafür ein Training dafür durchlaufen hatte. Um während der Trainingszeit seine Lebenshaltungskosten abzudecken, kaufte er sich allerdings von der ERRIN-Unterstützung zunächst ein Fahrzeug. Mit diesem wollte er als Taxifahrer Geld zur Überbrückung verdienen. Die ERRIN-Förderung hat jedoch nicht ganz für den Erwerb eines Autos ausgereicht, sodass er auch noch seine Ersparnisse für das Auto investieren musste. Hinzu kam, dass der Mann keine Fahrerfahrung hatte, sodass das Fahrzeug schnell viele Abnutzungserscheinungen aufwies. Letztlich musste er das Auto um ca. 600 € weniger verkaufen. Trotzdem hat das restliche Geld zusammen mit einem Kredit der Sparkassenstiftung gereicht, um alle notwendigen Materialien für die Eröffnung eines Restaurants zu erwerben. Das größte Problem, vor dem der ehemalige Klient zum Zeitpunkt des Gesprächs stand, war die Raumsuche: Es konnte keine geeignete Örtlichkeit für sein Restaurant gefunden werden. Deshalb standen die meisten Anschaffungsgegenstände (wie z.B. der Kühlschrank) in der Wohnung eines Freundes, der sich gerade im Ausland befand. Der Freund sollte jedoch bald heimkehren, sodass spätestens dann ein neuer Ort für die Gegenstände gefunden werden musste. Momentan verkaufe er Essen auf der Straße, um wenigstens etwas Geld zu verdienen, erzählte der Rückkehrer. Im Nachhinein bezeichnete er den Kauf des Autos als großen Fehler, da er dadurch mehr Geld verloren als gewonnen hatte. Er wolle nun seine ganze Energie in die Suche nach einer geeigneten Räumlichkeit für sein geplantes Restaurant investieren, um damit endlich seinen Geschäftsplan verwirklichen zu können.
Kurz nach dem spannenden Gespräch mit dem Rückkehrer wurde die Gruppe von Gabriel Mendy, dem Bischof von Gambia, empfangen. In Gambia gibt es nur eine Diözese und damit auch nur einen Bischof. Herr Mendy ist interessanterweise der erste Einheimische, der als Bischof in Gambia eingesetzt wurde. Seine Tätigkeit als Bischof nahm Herr Mendy zudem mitten in der Corona-Pandemie auf, sodass er derzeit sehr viele auswärtige Termine wahrnehmen musste, um seine persönliche Vorstellung nachzuholen.
Interessanterweise war Herr Mendy auch einer der wenigen, der als Bischof eine weiße Robe tragen durfte. Dies ist üblicherweise nur dem Papst vorbehalten. Grund für die Ausnahme war die intensive Sonnenbestrahlung in Gambia. Das übliche schwarze Bischofsgewand würde zu noch höheren, nahezu unerträglichen Temperaturen für die Bekleideten führen, weshalb hier eine Sondergenehmigung erteilt wurde.
Das Thema "Migration" war eines der Kernpunkte in dem Austauschgespräch mit dem interessierten Bischof. Der Bischoff betonte in diesem auch seinen Wunsch, die Zusammenarbeit zwischen der ZRB Südbayern und der Caritas Gambia zu vertiefen und eventuell auch neue gemeinsame Kooperationen einzugehen.
Treffen mit dem Bischof Gambias
Nach dem Besuch beim Bischof konnte die Gruppe noch einen weiteren Rückkehrer, der durch die ZRB Südbayern selbst betreut wurde, vor Ort in seinem Geschäft besuchen. Der Rückkehrer war erfreulicherweise seit seiner Rückkehr in Gambia sehr erfolgreich in der Handyreparatur tätig. Er besaß einen Laden direkt an einer großen, stark frequentierten Straße. Die Geschäfte liefen gut und er könne nicht klagen, so der Rückkehrer. Auch der Mitarbeiter der Caritas Gambia, der ihn bei der Umsetzung des Geschäfts betreut hatte, bestätigte dies. Grund hierfür war die hohe Motivation und Einsatzbereitschaft sowie die nützlichen Vorkenntnisse des Klienten. Dadurch gelang es ihm, sein Geschäft schnell und erfolgreich zu implementieren. Der Rückkehrer konnte bereits auf jahrelange Erfahrungen in der Handyreparatur zurückgreifen, die er unter anderem auch in Europa gesammelt hatte. Für seinen Shop hatte er sich Wände, Dach und Boden nach eigener Vorstellung aus Metall schweißen lassen. Der Hintergedanke dabei war, dass er seinen Shop einfach mitnehmen könne, wenn ein Standortwechsel nötig sei. Derzeit muss er eine Standgebühr von 1000 Dalasi (umgerechnet ca. 18 Euro) pro Monat zahlen, Mietpreise könnten sich aber schnell ändern. Seine Entscheidung nach Gambia zurückzukehren bereue er nicht, sagte der Rückkehrer.
Besuch bei einem ehemaligen Klienten der ZRB Südbayern
Am späten Nachmittag fand der letzte, aber wichtige Termin mit IOM in Gambia statt. Das Gebäude war durch eine weiße Mauer mit Draht geschützt. Um in das Gebäude zu gelangen, musste man wie bei der GIZ zunächst durch eine Security Kontrolle. Im Besprechungsraum angekommen empfingen zwei Mitarbeiter*innen von IOM die Gruppe.
Insgesamt hat IOM 7 Mitarbeiter*innen in Serrekunda und 2 Mitarbeiter*innen im Büro in Basse. In Basse ist auch der Mitarbeiter tätig, welcher für die deutschen Rückkehrer zuständig ist. IOM hat in Gambia ab dem Jahr 2017 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt insgesamt 7800 Rückkehrer*innen weltweit und davon 450 Personen aus Deutschland (Abschiebungen und freiwillige Ausreisen) unterstützt. Die meisten Rückkehrenden kommen aus Libyen. Damit die Personen in Gambia wieder Fuß fassen können, ist es IOM zufolge elementar, dass sie einen Personalausweis besitzen. IOM unterstützt daher bei der Antragstellung und übernimmt die Gebühr für die Ausstellung. Aufgrund der hohen Nachfrage hat das zuständige Amt nur für diese spezielle Zielgruppe auch samstags geöffnet.
Austauschgespräch mit IOM Gambia
Für aus Deutschland kommende Rückkehrer*innen übernimmt IOM die Auszahlung der zweiten Starthilfe 6-8 Monate nach der Rückkehr. Voraussetzung ist, dass die Klient*innen sich im Vorfeld mit IOM in Verbindung setzen, um einen Termin zur Abholung des Geldes zu vereinbaren.
IOM kooperiert auch mit der GIZ, um den Rückkehrer*innen beratend zur Seite zu stehen und diese bei Bedarf in Trainings zu vermitteln.
Tag 7: Resümee mit Caritas Gambia und Fahrt zum Flughafen
Bevor es am Abreisetag zum Flughafen ging, fand ein kurzes Abschiedstreffen in den Räumlichkeiten der Caritas Gambia statt. Rückblickend konnte die ZRB Südbayern sich durch ihre Reise stark mit vielen Akteuren im Bereich Rückkehr und Migration vernetzen. Die vielen gewonnenen Eindrücke zum Leben in Gambia stellen für die Rückkehrberater*innen der ZRB Südbayern eine große Bereicherung für ihre eigene Arbeit dar. Die neu erworbenen Wissensbestände sowie das Verständnis von den Lebensbedingungen der Einheimischen und den Arbeitsprozessen der Partnerorganisationen führen dazu, dass das Beratungsangebot für gambische Ratsuchende besser an die realen Voraussetzungen angepasst werden kann.
Wichtig war für das Team aber auch eine Bestätigung der Annahme, dass eine erfolgreiche Reintegration nach der Rückkehr eben nicht nur von guter Betreuung und Förderprogrammen abhängt, sondern mit einer Vielzahl von Faktoren einhergeht, wie etwa den individuellen Voraussetzungen sowie den persönlichen Fähigkeiten, der Motivation, dem sozialen Umfeld und den vorhandenen Ressourcen sowie soziopolitischen Rahmenbedingungen. Viele Plagen wie beispielsweise Malaria beuteln die Bevölkerung Gambias und lassen sich kaum in den Griff bekommen. Auch die Corona-Krise hat wesentlich dazu beigetragen, dass das Land gegenwärtig wirtschaftlich immer noch unter sehr prekären Verhältnissen leidet. Auch die fehlende eigene Industrie ist ein wesentlicher Faktor für die bleibende Armut. All diese Faktoren erschweren eine nachhaltige Reintegration.
Zumindest gibt aber der politische Machtwechsel, der 2017 stattfand und das Land von einer Diktatur in eine Demokratie führte, etwas Hoffnung, dass sich die Lebensumstände im Land nach und nach ein wenig verbessern.
Um jedoch die eigenen Landsleute dauerhaft davon abzuhalten, sich auf die gefährliche Reise nach Europa zu begeben und ihr Chancen dort anstatt im eigenen Heimatland zu sehen, hat die gambische Regierung noch viele Herausforderungen zu bewältigen.
In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass das Team der ZRB Südbayern durch die Reise einmalige Einblicke in das Leben im kleinsten Staat Afrikas gewinnen konnte. Neben den fachlich relevanten Wissensbeständen, wozu beispielsweise Kenntnisse der Arbeit von Organisation wie der IOM und GIZ vor Ort sowie deren Herausforderungen im Arbeitsalltag gehörten, konnten alle Teilnehmenden ihr Verständnis für die Kultur, das Alltagsleben und die Geschichte des Staates Gambia erweitern, woraus sich ein insgesamt deutlich facettenreicheres Bild dieses Landes wie auch der Lebenssituation seiner Bewohner*innen für die Exkursionsteilnehmer*innen ergeben hat.
Die bestehenden Netzwerke konnten durch den Austausch mit den besuchten Organisationen und Akteur*innen vertieft und ausgebaut werden. Außerdem wurden neue wertvolle Kontakte geknüpft, die sich als dienlich bei der Betreuung gambischer Klient*innen erweisen.
Caritas Gambia
Die ZRB Südbayern bedankt sich herzlich für die gelungene und ertragreiche Exkursion und den herzlichen Empfang bei Hr. Francis Dominic Mendy und dem gesamten Team der Caritas Gambia.